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Cloud Seeding: Vergiftet uns künstlicher Regen?

Dunkle Wolken ziehen über einem Feld auf.

Es klingt wie eine Verschwörungstheorie: Flugzeuge stoßen giftige Chemikalien aus, die das Wetter manipulieren sollen. Tatsächlich ist das sogenannte „Cloud Seeding“ – auch Wolkenimpfung genannt – aber eine verbreitete Methode, um auf künstliche Weise Regen zu erzeugen. Wie funktioniert das – und hat das Auswirkungen auf unsere Gesundheit?

Über diese Bewertung

Virales Instagram-Reel erzeugt Angst

Im Cockpit eines Fliegers drückt ein junger Mann einen roten Knopf mit der Aufschrift „FEUER“. Danach sieht man, wie aus Düsen an den Flügeln eine rot-leuchtende Substanz ausgestoßen wird. Untermalt von düsterer Musik wird behauptet: „So wird das Wetter manipuliert – und wir vergiftet?“.

Es handelt sich hierbei um ein virales Reel, das den Cloud Seeding Prozess in den Vereinigten Arabischen Emiraten zeigen soll. Aus den Düsen werde Kaliumchlorid, Natriumchlorid (Kochsalz) und Magnesium ausgestoßen – Stoffe, die auch in der Natur vorkommen. Nach einer Erklärung sucht man in der Beschreibung vergeblich, stattdessen wird ein „Detox-Protokoll“ angeboten. Solche Videos lösen in sozialen Netzwerken oft Angst aus, obwohl sie meist stark übertreiben oder wichtige Informationen weglassen.

Was ist Cloud Seeding?

Tatsächlich ist Cloud Seeding – im deutschen Sprachraum auch Wolkenimpfung genannt – eine weltweit verbreitete Methode, um künstlichen Regen zu verursachen. Dabei werden die Wolken meist mithilfe von Motorflugzeugen „geimpft“, damit sie kondensieren und abregnen. Damit imitieren sie den natürlichen Regenprozess: Normalerweise verbinden sich Kondensationskeime wie Pollen, Ruß- oder Staubartikel mit den winzigen Wassertropfen in der Wolke. Dadurch entstehen größere Tropfen, die immer schwerer werden und letztendlich als Regen auf die Erde fallen. Beim Cloud Seeding wird als Kondensationskeim meist Silberjodid eingesetzt, seltener auch Trockeneis (festes Kohlenstoffdioxid) oder flüssiger Stickstoff.

Wozu künstlicher Regen?

Normalerweise sollen durch die Methode Unwetter vermieden, beziehungsweise Smog oder Dürre gelindert werden. In Deutschland wird sie vor allem angewandt, um Ernten vor Hagel zu schützen. Durch das Impfen sollen die Wolken abregnen, bevor sich die Hagelkörner entwickeln können.

In anderen Ländern wurde bereits versucht, durch die Methode künstlichen Sonnenschein für spezielle Anlässe zu erzeugen. In China wurde im Jahr 2008 Silberjodid mithilfe von mehr als tausend Raketen in die Wolken gefeuert, um bei der Eröffnung der Olympischen Spiele schlechtes Wetter im Vorfeld „abregnen“ zu lassen. Das Ergebnis: trotz Unwetterwarnung fand das Ereignis bei strahlendem Sonnenschein statt. In Russland wird die Methode jedes Jahr am 9. Mai, dem Gedenktag des Sieges über Hitler-Deutschland im Zweiten Weltkrieg, angewandt – mal mehr und mal weniger erfolgreich.

Ein ganz anderes Problem hat der Wüstenstaat Dubai: Hier fallen jährlich gerade mal rund 70 Liter Regenwasser pro Quadratmeter. In Deutschland regnet es zum Vergleich jährlich zwischen 500 und 1000 Liter. Hier wird die Wolkenimpfung also vor allem angewandt, um der Wasserknappheit und Hitzewellen entgegen zu wirken.

Umstrittene Wirksamkeit

Wissenschaftler sind sich uneinig, ob die Methode wirklich etwas bringt. Das Problem: Wetter ist sehr komplex, da es von vielen unvorhersehbaren Faktoren bestimmt wird. Auch ohne künstliche Einflussnahme ist es nur schwer vorherzusagen. Dementsprechend schwierig ist es, eine Wirksamkeit der Wolkenimpfungen im Nachhinein zu bestimmen. Im Gespräch mit der Tagesschau äußerte sich Manfred Wendisch, Leiter des Instituts für Meteorologie an der Uni Leipzig, folgendermaßen:

„Die Flieger impfen die Wolken und fliegen heim. Wenn es nicht hagelt ist das schön, doch kann keiner nachweisen, dass es wirklich an der Impfung lag. Vielleicht wäre es auch ohne trocken geblieben.“

Manfred Wendisch, Leiter des Instituts für Meteorologie an der Uni Leipzig

Gefahr für Mensch und Umwelt?

Das Wichtigste zuerst: In den eingesetzten Mengen besteht keine Gesundheitsgefahr aufgrund von Cloud Seeding. Zwar ist etwa Silberjodid laut der GESTIS-Stoffdatenbank in größeren Mengen als umwelt- und gesundheitsgefährdend eingestuft, doch die Mengen, die beim Cloud Seeding eingesetzt werden, sind äußerst gering. Studien und Messungen – etwa in Deutschland – zeigen, dass weder Boden noch Grundwasser nachweisbar belastet werden. Die Methode ist hier streng reglementiert und unterliegt behördlicher Kontrolle.

In Dubai hingegen, wo häufiger geimpft wird, konnten Wissenschaftler eine leicht erhöhte Feinstaubbelastung feststellen. Allerdings ist die allgemeine Luftbelastung in der Region ohnehin sehr hoch. Seit einigen Jahren wird dort nun an einer neuen Methode des Cloud Seedings gearbeitet, bei der elektrische Ladung statt Silberjodid zum Einsatz kommt. Hierbei sollen die Wassertropfen mit elektrischen Stromstößen aufgeladen werden und dadurch miteinander verschmelzen. Dadurch sollen in Zukunft Dürren auf der ganzen Welt gelindert werden – ganz ohne Umweltbedenken.

Fazit: Kein Grund zur Panik

Cloud Seeding ist keine geheime Verschwörung, sondern eine seit Jahrzehnten bekannte Methode der Wetterbeeinflussung. Silberjodid kann in größeren Mengen zwar belastend für Mensch und Umwelt sein, jedoch ist die Methode gerade in Deutschland streng reguliert und die verwendeten Mengen nicht gesundheitsschädlich. Auch wenn die Wirksamkeit umstritten ist, gibt es keine Hinweise auf eine bewusste oder fahrlässige Vergiftung der Bevölkerung. Die Ängste, die durch das Instagram-Reel geschürt werden, sind daher unbegründet.

Quellen:
Tagesschau, FOCUS, Wikipedia: Zeitreihe der Niederschlagssummen in Deutschland seit 1881, GESTIS-Stoffdatenbank, Farahat, A., Abuelgasim, A. Effect of cloud seeding on aerosol properties and particulate matter variability in the United Arab Emirates. Int. J. Environ. Sci. Technol. 19, 951–968 (2022)., Bundestag, Frankfurter Rundschau

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