Für viele ist es ein liebgewonnenes Ritual: Der Wecker klingelt und man gönnt sich noch ein paar Minuten im Bett. Dank der Schlummertaste auf dem Handy oder Wecker muss man nicht befürchten, zu verschlafen. Frühere Forschungsergebnisse warnten jedoch davor, dass genau diese Funktion den Schlafrhythmus durcheinanderbringen könne – mit teils gravierenden Folgen. Liefert eine schwedische Studie jetzt Grund zur Entwarnung?


Der schlechte Ruf der Snooze-Funktion
Lange galt das „Snoozen“, wie die Nutzung der Schlummertaste auch genannt wird, als schädlich. Schlafmediziner:innen wie Dr. Matthew Walker warnten davor, dass das wiederholte Aufwachen und Wiedereinschlafen den natürlichen Schlafrhythmus störe. Unser Körper könne durch die Unterbrechungen nicht mehr in die tieferen, erholsamen Schlafphasen eintauchen. Die Folge: Wir wachen in flachen, nicht erholsamen Schlafabschnitten auf – und fühlen uns dadurch noch müder als zuvor.
Dieses Phänomen wird als „Schlafträgheit“ (Sleep Inertia) bezeichnet. Das Gehirn werde beim Snoozen regelrecht aus dem Takt gebracht, da es nicht weiß, ob es weiter das Schlafhormon Melatonin oder schon das Wachhormon Cortisol ausschütten soll. Dadurch werde, so frühere Studien, die Konzentration, Reaktionszeit und Stimmung am Morgen deutlich verschlechtert. Langfristig sollte chronisch unterbrochener Schlaf sogar das Risiko für Depressionen, Angststörungen oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen.
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Mehr InformationenNeue Erkenntnisse überraschen
Eine neuere Untersuchung aus dem Jahr 2023 stellt diese Sichtweise jedoch infrage. Forschende der Stockholm University untersuchten, wie sich Snoozen auf Schlaf, Stimmung, Hormonhaushalt und kognitive Fähigkeiten auswirkt. Dafür wurden zwei Testgruppen erstellt: in der einen betätigten die Testpersonen die Schlummertaste morgens für 30 Minuten und in der anderen standen die Testpersonen direkt nach dem ersten Alarm auf.
Die Ergebnisse zeigten, dass die snoozenden Testpersonen im Durchschnitt etwas kürzer schliefen und morgens etwas schläfriger waren als diejenigen, die sofort aufstanden. Allerdings wurden keine negativen Auswirkungen auf die Freisetzung des Stresshormons Cortisol, die allgemeine Schlafqualität, die Müdigkeit im Tagesverlauf oder die Stimmung festgestellt. In einem kognitiven Test schnitten die snoozenden Teilnehmenden direkt nach dem Aufwachen sogar etwas besser ab als die Testgruppe, die die Funktion nicht nutzte. Doch wie lässt sich das erklären?
In der Untersuchung wurde beobachtet, dass der Schlaf während der Snooze-Phase nicht vollständig unterbrochen wurde – die Teilnehmenden schliefen in dieser Zeit durchschnittlich mehr als 20 Minuten weiter. Dadurch wurde die Gesamtdauer des Nachtschlafs kaum beeinflusst. Zum anderen wurden die Teilnehmenden während der Snooze-Phase nicht aus dem Tiefschlaf geweckt, was die schnellere Reaktionszeit direkt nach dem Aufwachen erklären könnte.
Vorsicht bei der Aussagekraft
Die Befunde klingen beruhigend für Fans der Snooze-Funktion, sollten aber mit Vorsicht behandelt werden. Tina Sundelin, die Hauptautorin der Studie, betont, dass die Studie nur Personen einschloss, die das Snoozen gewohnt sind und leicht wieder einschlafen können. Daher lassen sich die Ergebnisse nicht ohne Weiteres auf Menschen übertragen, die normalerweise sofort nach dem ersten Wecksignal aufstehen. Außerdem wurde nur eine Snooze-Dauer von 30 Minuten untersucht, sodass unklar bleibt, ob längere oder kürzere Dauern andere Auswirkungen haben.
Auch langfristige Effekte des Snoozens wurden in der Studie nicht untersucht. Die Forschenden warnen davor, dass sich die morgendliche Schläfrigkeit im Laufe der Zeit anhäufen und auf Dauer zu einer erhöhten Müdigkeit und einem höheren Energieaufwand im Tagesverlauf führen könnte. Die Ergebnisse der Studie schließen also nicht aus, dass das Snooze-Verhalten über einen längeren Zeitraum zu gesundheitlichen Problemen führt.
Fazit: Langfristig fitter durch Schlafhygiene
Die Studie konnte tatsächlich beweisen, dass routinierte Snoozer morgens etwas besser in kognitiven Tests abschnitten. Das Ergebnis lässt sich jedoch nicht auf die Gesamtheit der Menschen übertragen und vernachlässigt langfristige Folgen. Schlafexperten empfehlen, dass chronische Snoozer die Ursache für ihr Verhalten untersuchen und ihre Schlafroutine in Frage stellen. Denn wer regelmäßig snoozt, hat womöglich einfach zu wenig Schlaf.
Wer morgens erholt und fit aufwachen will sollte daher vor allem auf eine regelmäßige Schlafhygiene achten. Als Eselsbrücke dient die sogenannte 10-3-2-1-0-Regel, die von vielen Schlafcoaches empfohlen wird:
- 10 Stunden vor dem Schlafen: Kein Koffein mehr
- 3 Stunden vorher: Keine größeren Mahlzeiten oder Alkohol
- 2 Stunden vorher: Keine Arbeit oder anstrengenden Diskussionen
- 1 Stunde vorher: Keine Bildschirme (Handy, Laptop, TV)
- 0: „0 Mal“ auf die Schlummertaste drücken
Diese Regel unterstützt den natürlichen Schlafrhythmus, sorgt für bessere Erholung und macht das morgendliche Aufstehen deutlich leichter – ganz ohne mehrfaches Snoozen.
Quellen:
Sundelin, Tina/Shane Landry/John Axelsson: Is snoozing losing? Why intermittent morning alarms are used and how they affect sleep, cognition, cortisol, and mood, in: Journal Of Sleep Research, Bd. 33, Nr. 3, 17.10.2023. (EN), Mattingly, Stephen M/Gonzalo Martinez/Jessica Young/Meghan K Cain/Aaron Striegel: Snoozing: an examination of a common method of waking, in: SLEEP, Bd. 45, Nr. 10, 11.08.2022. (EN), belama.de, YouTube: Find Your Peak (EN), nypost.com (EN), health.com (EN)