Unbelegt

Der Sturz aus 10 km Höhe

Traust Du Dich, im Schwimmbad vom 5-Meter-Turm zu springen? Nicht jeder traut sich das, obwohl man nur im Wasser landet und fünf Meter eigentlich ja nicht so hoch sind, oder?

Und würdest Du Dich trauen, einen Fallschirmsprung zu machen? Dabei springst Du in einer Höhe zwischen vier und sechs Kilometern aus einem Flugzeug und gerätst für bis zu einer Minute in freien Fall. Danach federt Dich der Fallschirm ab und bringt Dich sicher zu Boden. Auch das ist machbar.

Was jedoch, wenn Du aus einer Höhe von zehn Kilometern springst? Ohne Fallschirm. Spätestens da wird Dir Dein Verstand (hoffentlich) sagen, dass das tödlich enden wird.

Doch eine serbische Flugbegleiterin soll so einen (unfreiwilligen) Fall überlebt haben. Aber kann das sein?

Über diese Bewertung

Flug 367

Es ist der 16. Januar 1972. Vesna Vulović arbeitet als Flugbegleiterin auf dem JAT-Flug 367 von Stockholm nach Belgrad mit Zwischenlandung in Kopenhagen und Zagreb. Für die 23 Passagiere an Bord kümmert sie sich zusammen mit ihren vier Kollegen, die Piloten eingerechnet.

Doch 40 Minuten nach dem zweiten Start in Kopenhagen kommt es zu einer Explosion, die das Flugzeug zum Absturz bringt. Bis auf Vesna gibt es keine Überlebenden.

In dem späteren Bericht heißt es, eine Bombe im Gepäck sei explodiert und hätte das Flugzeug zerrissen. Dafür verantwortlich machen die jugoslawischen Behörden später kroatische Extremisten, die die Bombe an Bord geschmuggelt haben sollen.

Ein Weltrekord

Vesna hat Glück im Unglück. Die Behörden sagen später, sie habe sich im Heck des Flugzeuges befunden. Dieses sei nach der Detonation der Bombe spiralförmig auf den Boden gefallen, glücklicherweise in Schnee, was der damals 23-jährigen das Leben rettete.

Vesna verbringt 16 Monate im Krankenhaus und liegt 27 Tage im Koma, überlebt jedoch. An ihren Sturz kann sie sich jedoch nicht mehr erinnern.

10 km tief soll sie gefallen sein und dabei eine Geschwindigkeit zwischen 188 km/h und 298 km/h erreicht haben – so steht es zumindest im offiziellen Guinnessbuch der Weltrekorde. Als Quelle dient die tschechoslowakische Staatssicherheit. Der ehemalige Geheimdienst der Tschechoslowakei.

Es kommen Zweifel auf

Zuvor hatte es noch keiner geschafft, einen Sturz aus so großer Höhe ohne Fallschirm zu überleben. Deshalb ja auch der Eintrag in das Guinnessbuch der Weltrekorde. Doch stimmt die Geschichte generell? Dass Vesna Vulović aufgrund einer Explosion aus dem Flugzeug gestürzt ist, ist unumstritten. Doch 2009 vermutet eine Recherche der ARD, dass es sich bei den offiziellen Absturzumständen um eine Erfindung der tschechoslowakischen Staatssicherheit und des jugoslawischen Geheimdienstes handeln könne.

Der ARD-Hörfunkkoresspondent in Prag, Peter Hornung, recherchiert zu dem Thema. Er befragt Augenzeugen und durchsucht die alten Geheimdienstakten. Sein Ergebnis: Das Flugzeug muss aus einer niedrigeren Höhe als 10 km abgestürzt sein. Das sagen Augenzeugenberichte. Auch sei das Trümmerfeld zu klein gewesen. Die Daten des Flugdatenschreibers unterstützen diese These.

Demnach habe es an Board der Maschine Probleme gegeben. Die Piloten versuchten verzweifelt eine Notlandung einzuleiten und brachten das Flugzeug in einen Sinkflug, damit die Passagiere wieder normal atmen konnten. Dabei sei das Flugzeug jedoch in militärisch sensibles Gebiet eingedrungen und von der tschechoslowakischen Luftwaffe abgeschossen worden. Diese versuchte später, den Vorfall zu vertuschen.

Ein Sprecher des Guinnessbuch der Rekorde räumt später ein, man sei eventuell einem Schwindel aufgesessen.

Aussage gegen Aussage

Die Geschichte des ARD-Koresspondenten Peter Hornung klingt plausibel. Bei einem Absturz aus 10 km Höhe hätte Vesna Vulović wahrscheinlich nicht überlebt. Aus mehreren Hundert Metern ist dies schon eher möglich. Doch Hornung räumt auch ein, dass es sich bei seinen Recherchen lediglich um Indizien handle.

Eine endgültige Aussage zu dem Fall wurde bislang nicht getroffen und so steht die offizielle Darstellung der Behörden gegenüber den Recherchen der ARD. Wir haben den Fakt deshalb als „unbelegt“ eingestuft, halten die Theorie Peter Hornungs jedoch für wahrscheinlicher und den Fakt somit für falsch.

Quellen:
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